Friedrich Stephan - Ein großes politisches Leben


Friedrich Stephan (1915 - 1997)

 

Friedrich Stephan wurde am 24.  November 1915 als Sohn des Zigarrenmacher-Ehepaares Friedrich Stephan aus Rheinbischofsheim und dessen Frau Rosina, geborene Klotter, aus Freistett in Freistett geboren. Der Vater wurde wenige Monate nach seiner Geburt an der Westfront vermisst. In der alleinigen Obhut seiner Mutter wuchs er in bescheidenen Verhältnissen auf. Das Einkommen setzte sich aus einer kärglichen Witwenrente und einem ebenfalls bescheidenen Lohn für Fabrikarbeit zusammen. Er besuchte die Volksschule in Freistett und begann anschließend in Lichtenau eine Lehre als Bauschlosser. Wenige Wochen nach der Gesellenprüfung wurde er wegen mangelnder Aufträge entlassen. Bereits während seiner Lehrzeit wurde er Mitglied des Arbeitergesangvereins Freistett und 1932 durch Vermittlung eines Gesellen des Lehrbetriebs Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend.

 

Bauschlosser und Kriegsdienst

Die Familie Stephan, im Bild von links Friedrich Stephan, Margita, Sieglinde, Hartmut, Ehefrau Helma und Ursula.

 

Auf Empfehlung des Arbeitsamts trat er 1934 in den freiwilligen Arbeitsdienst ein. 1935 meldete er sich freiwillig zum Wehrdienst und leistete die zweijährige Dienstpflicht ab. Beim neu konstituierten Reichsarbeitsdienst wurde er Unterführer.

In der Arbeitsgauleitung Karlsruhe konnte er sich gleichzeitig für den Gehobenen Dienst vorbereiten und bestand 1940 die Aufstiegsprüfung. Zum Einsatz beim Wehrdienst kam er 1940 an der Westfront, später auch an der Ostfront als Leutnant und Kompanieführer. Während eines Urlaubs heiratete er 1943 Helma Falk. aus Karlsruhe. Aus der Ehe gingen die Kinder Sieglinde, Ursula, Margitta und Hartmut hervor. In Ostpreußen wurde er verwundet. Nach seiner Genesung erfolgte ein neuer Einsatz an der Westfront. Im April 1945 kam er in amerikanische Gefangenschaft. Im November kehrte er wieder in seine Heimat zurück. Bei der Schiffwerft Karcher konnte er in seinem früheren Beruf als Bauschlosser Arbeit finden.

 

Feierstunde zur Freigabe der Stadt Kehl am 8. April 1953. Mit dabei ist Friedrich Stephan (Kreis)

 

Im Dezember 1945 nahm Friedrich Stephan bereits am ersten Treffen der nach dem Krieg übrig gebliebenen Sozialdemokraten teil und im Februar 1946 konnte der Freistetter Ortsverein neu gegründet werden. Als jüngster Teilnehmer wurde Friedrich Stephan zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Zwei Monate später, am 1. Mai, erfolgte seine Wahl zum Vorsitzenden des neu gebildeten Kreisverbands der SP, wie die SPD in der französischen Zone heißen musste. Zur wichtigsten Aufgabe machte es sich Friedrich Stephan, die vor 1933 bestandenen SPD-Ortsvereine wieder zum Leben zu erwecken. Dies gelang u. a. in Rheinbischofsheim, Helmlingen, Diersheim und Linx. Mit dem alten Damenfahrrad seiner Mutter war er damals ständig unterwegs. Zum 1. Januar 1947 wurde er zum Geschäftsführer des Unterbezirks Offenburg berufen. Dazu konnte er sich ein Motorrad erwerben. In der Hauptstraße wurden ihm zwei leere Zimmer zugewiesen, die er sich mit Möbel seiner Mutter einrichtete. Das Holz zur Heizung musste er mit Unterstützung eines Genossen aus Elgersweier im Offenburger Wald selbst aufbereiten. Als erste Parteizeitung erschien "Das Volk". Am 1. August 1948 berief ihn der Landesvorstand zum Landessekretär nach Freiburg. Dort blieb er auch nach Entstehung des Südweststaates im Amt, bis er 1969 zum Bürgermeister seiner Heimatstadt Freistett gewählt wurde.

 

Abgeordneter in Kreistag und Landtag

Dr. Walter Caroli aus Lahr hat Friedrich Stephan als Fraktionskollege im Kreistag des Ortenaukreises von 1979 bis 1983 und als Mitglied der SPD-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg begleitet. Zum 100. Geburtstag von Friedrich Stephan hat er in einer Laudatio festgestellt:

"Mit der Wahl des Badischen Landtags für das Bundesland Baden, das den Bereich Südbaden umfasste, begann Friedrich Stephans einzigartige landespolitische Karriere, die 29 Jahre dauern sollte. Seine erste Wahl am 18. Mai 1947 verdankte er einem Kandidaten aus Freiburg, der auch noch in einem zweiten Wahlkreis kandidierte. Weil dieser sich dann für den Wahlkreis Freiburg entschied, rückte der 31-jährige Friedrich Stephan, der an zweiter Stelle der Vorschlagsliste des Wahlkreises Kehl-Bühl stand, als Jüngster von 13 Abgeordneten der Sozialistischen Partei Badens in den ersten Landtag ein. Das Parlament tagte im Historischen Kaufhaus in Freiburg. Am 25. April 1952 ging das Land Baden zusammen mit Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern gegen den Willen der badischen Bevölkerung im Bundesland Baden-Württemberg auf, der Badische Landtag wurde aufgelöst.  Die Fahrt vom Bahnhof Renchen nach Freiburg erfolgte mit dem Personenzug, dessen Fenster anfangs wegen Kriegsschäden mit Brettern vernagelt wurden. In der Tasche brachte er Kartoffeln zum Mittagessen mit Die Monatspauschale eines Abgeordneten betrug anfangs 150 Mark und 15 Mark Sitzungsgeld. Bodenständig wie er war, setzte er sich insbesondere für den ländlichen Raum ein. Sein Bemühen galt der durch den Krieg schwer geschädigten Stadt Kehl. Er votierte für den Autobahnbau, für die Sanierung des Oberrheingebietes und gegen die Stilllegung der Kleinbahn durch das Hanauerland. Die Landwirtschaft, auch die Situation der vielen Nebenerwerbsbetriebe, waren ihm eine Herzensangelegenheit. Als Mitglied und Vorsitzender des Petitionsausschusses im Landtag von Baden-Württemberg hat er vielen Menschen helfen können. Als schwierigste Aufgabe bezeichnete er die Probleme der Nachkriegszeit. Nach 29 Jahren Zugehörigkeit schied er 1976 aus dem Landtag aus. Er verzichtete auf eine weitere Kandidatur, weil er meinte, dass ein Abgeordnetenmandat sich nicht mehr mit seiner Tätigkeit als Bürgermeister von Rheinau vereinbaren ließ. Sein landespolitisches Engagement wurde 1967 mit der Verleihung des Großen Verdienstkreuzes des Verdienstordens und 1983 mit der Überreichung der Goldenen Verdienstmedaille des Landes gewürdigt."

 

Bürgermeister von Freistett und Rheinau

Bürgermeister Friedrich Stephan empfängt SPD-Innenminister Walter Krause (im Bild links)

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1969 wurde Friedrich Stephan zum Bürgermeister der Stadt Freistett und Nachfolger von Wilhelm Rohr gewählt. Eine besonders große Herausforderung bildete das 1968 vom baden-württembergischen Landtag beschlossene Gesetz zur Stärkung der Verwaltungskraft kleinerer Gemeinden. Geradezu heftig und leidenschaftlich wurde die Frage diskutiert, ob der Verwaltungsraum Freistett-Rheinbischofsheim eine Verwaltungsgemeinschaft oder eine Einheitsgemeinde werden und wo der Sitz der Kommune liegen sollte.

Die neue Stadt Rheinau trat am 1. Januar 1975 in Kraft. Bei der Bürgermeisterwahl 1975 hatte Stephan mit Regierungsoberinspektor Arthur Kübler aus Karlsruhe einen respektablen Gegenkandidaten. Stephan erreichte 58 Prozent der Stimmen.

 

Vorbereitung zur Bürgermeisterwahl 1975

Gewaltige Projekte fielen in seine Amtszeit: Bau der Rheinstaustufe, die Errichtung eines Schul- und Sportzentrums, Hallenbauten, Maiwaldstadion, Bau eines Klärwerks mit Kanalnetz, Renovierung von Rathäusern und zahlreiche weitere Investitionen, bei denen er sich um eine angemessene Verteilung bemühte. Bei seinem Ausscheiden aus dem Amt 1983 wurde er als "Baumeister der Stadt Rheinau" zu ihrem ersten Ehrenbürger ernannt. Bürgermeister-Stellvertreter Fritz Kunle zeichnete bei der Verabschiedung das Bild des politischen Menschen Friedrich Stephan, wie er gewirkt und gelebt hat, aufrichtig und treu im Dienst, sich selbst und anderen gegenüber bis zum letzten Tag und Federstrich.

 

 

Verdienste um das Vereinsleben

Fußballspiel Stadtrat gegen Turnerfrauen für ein Hallenbad (1973)

Auch nach seinem Ausscheiden als Bürgermeister setzte er sich für öffentliche Angelegenheiten und das örtliche Vereinsleben ein. Besondere Verdienste erwarb er sich beim Sportverein als Vorsitzender des Fördervereins. Bei der Gründungsversammlung des Vereins Heimatmuseum im Jahre 1988 wurde er zu seinem ersten Vorsitzenden gewählt. Als Beisitzer unterstützte er die Arbeiterwohlfahrt.

 

Empfang anlässlich des 70. Geburtstags

Bei der Feier zum 70. Geburtstag bezeichnete der frühere Innenminister a. D. Walter Krause aus Mannheim Friedrich Stephan als das Muster eines Volksvertreters: kein Pathos, kein Schaumschlagen, keine Polemik, sondern verlässlich, engagiert, sachlich, vielseitig und überzeugend. Kaum 18 Jahre alt habe er seine ersten Gehversuche in der Politik gemacht, zwölf Jahre Nazidiktatur im Arbeitsdienst überstanden, zwei Verwundungen erfahren und war auch von der Kriegsgefangenschaft nicht verschont geblieben.

"Friedrich Stephan hat den Grundriss der heutigen Stadt gezeichnet, ihre Fundamente gelegt und einen soliden Boden vorbereitet", gratulierte als Nachfolger im Amt Bürgermeister Meinhard Oberle.

 

 

Empfang anlässlich des 80. Geburtstags

Im Alter von 81 Jahren ist er 1997 verstorben. In einer Feierstun-de wurde ihm 2015 in der Stadthalle zum 100. Geburtstag ehrend gedacht.

 

Feier zum 100. Geburtstag

Foto v. l.: Dr. Walter Caroli, Festredner und Historiker , Helmut Lind, Ortsvereinsvorsitzender, Hartmut Stephan, Sohn und Bürgermeister Michael Welsche

 

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